Knapp drei Jahre lang arbeiteten wir als Gründungsteam des Geburtshaus Freiburg auf die Eröffnung des Geburtshauses hin. Mitte Februar war es soweit: Wir konnten endlich die Türen öffnen. Wenige Tage später durften wir dann auch das erste Kind im Geburtshaus willkommen heißen - wie besonders, dass ich diese erste Geburt als Geburtsfotografin begleiten durfte! Und noch wundervoller, dass Ihr hier nun auch den Geburtsbericht findet. Viel Freude beim Lesen!
Hinweis: Die hier veröffentlichten Geburtsberichte sind die persönlichen Erfahrungen und Erinnerungen der Gebärenden. Bitte beachtet, dass Geburten sehr individuell verlaufen und die Berichte nicht die Beratung von geburtshilflichem Fachpersonal ersetzen.
"Pünktlich um Mitternacht läuteten die ersten Wellen meinen Geburtstag ein. Nachdem sich vor einigen Tagen mein Schleimpfropf gelöst hatte, wartete ich sehnsüchtig auf die ersten Wellen. Dass diese jedoch an meinem Geburtstag starteten, war nicht unbedingt mein Wunsch... Nichtsdestotrotz ist es nun, wie es ist. Die ersten Wellen waren sehr leicht und dennoch sofort klar als Wellen erkennbar, da sie ihren Ursprung in meinem Unterleib hatten, sich dann in meine Flanken ausdehnten und von dort wieder zurückzogen. Sie waren nicht stark, sodass ich sie eigentlich nicht veratmen musste, ich die Wellenatmung jedoch für mich etwas üben wollte.
Gegen 1:00 Uhr wachte mein Mann Jason auf und ich berichtete ihm davon, dass ich nun die ersten Wellen spürte. Ich beschloss, ein Bad zu nehmen, da sie recht regelmäßig kamen, jedoch sehr schwach waren. Jason setzte sich zu mir ins Bad und so saß ich im warmen Wasser, während wir darüber sprachen, was der heutige Tag wohl bringen würde. Die Wellen wurden weder stärker noch schwächer, sodass wir nach einer halben Stunde beschlossen, wieder ins Bett zu gehen und so gut es ging zu schlafen, um für das bevorstehende Ereignis Kräfte zu sammeln. Ich konnte etwas schlafen. Die Wellen kamen und gingen, mal für eine Weile sehr regelmäßig, mal eine Weile gar nicht.
Am Morgen starteten wir gemeinsam gemütlich mit einem kleinen Geburtstagsfrühstück in den Tag. Jason hatte sich am Morgen krank gemeldet, um bei mir Zuhause zu sein für den Fall, dass es losgehen sollte. Das beruhigte mich sehr, da für mich die Situation nur schwer einschätzbar war. Während des Frühstücks überlegten wir, ob ich dem anstehenden Besuch wohl absagen sollte, entschieden uns aber einfach zu schauen wie es mir ginge, wenn es soweit war.
Da die Wellen sich nicht entscheiden konnten, ob sie stark oder schwach, regelmäßig oder gar nicht da sein wollten, behielten wir so gut es ging den Alltag bei. Ich bereitete noch einige Desserts für den Besuch vor und wir entspannten immer wieder gemeinsam auf dem Sofa. Um 13:00 Uhr kam der erste Besuch. Zu diesem Zeitpunkt musste ich manche Wellen bereits veratmen. Wir klärten ihn also auf, dass er nicht irritiert sein sollte. Er blieb auch nicht lange. Um 14:00 Uhr kam dann noch eine Freundin und hier begannen die Wellen sehr regelmäßig zu kommen und stärker zu werden. Rückblickend ist dies für mich der Zeitpunkt, an dem der Geburtsprozess startete. Meine Freundin blieb noch eine Weile, wir unterhielten uns, während ich zwischendurch immer wieder die Wellen veratmete. Um 15:00 Uhr verabschiedete sie sich, damit ich mich noch etwas ausruhen konnte. Die Wellen kamen nun schon seit einer Stunde sehr regelmäßig und so ging es auch weiter.
Wir legten uns aufs Sofa, hier versuchte ich so gut es ging zu entspannen und die Wellen eine nach der anderen zu veratmen. Da sie immer stärker wurden, sagte ich dem Besuch, welcher am Abend kommen wollte, ab. Es war gegen 16 Uhr, als wir beschlossen die Rufbereitschaft zu kontaktieren. Miriam hatte an diesem Tag Dienst. Wir informierten sie über den Verlauf und den aktuellen Stand. Sie hörte es sich an, stellte noch einige Fragen und riet uns dann, solange es ging zu Hause zu bleiben, da ein frühes Erscheinen im Geburtshaus oftmals zur Folge habe, dass der Geburtsprozess länger wirke und man schneller nach Schmerzmitteln frage. Sie meinte jedoch auch, wir sollten uns in einer Stunde noch einmal melden.
Also blieben wir zu Hause, was mir sehr entgegen kam, da ich mich hier aktuell am wohlsten fühlte. Nach einer Stunde bat ich meinen Mann Miriam anzurufen, da die Wellen stärker wurden und es mir schwer fiel, mich auf etwas anderes zu konzentrieren. Sie gab über das Telefon noch einmal ein paar Tipps, die mir das Veratmen und den Umgang mit den Wellen erleichtern konnten, denn so langsam fiel es mir schwer, mit ihnen umzugehen. Sie betonte, dass wir solange zu Hause bleiben könnten, wie ich mich dort wohl fühle, wir uns aber ansonsten jederzeit im Geburtshaus treffen könnten.
Um mit den Wellen umzugehen, holte ich mir nun einen Kamm, welchen ich bei jeder Welle in der Hand drücken konnte. Diesen Tipp habe ich von einer Freundin bekommen und für mich war er mein Allheilmittel. Nach einer weiteren Stunde, in der ich versuchte zu meditieren, mein Mann mir beistand und mir half mich möglichst zu entspannen und ich meinen Kamm als treuen Begleiter auserkoren hatte, riefen wir Miriam erneut an und ich teilte ihr mit, dass ich ins Geburtshaus kommen wollte. Mir fiel es nun schwer mit den Wellen umzugehen, vor allem die tiefe Bauchatmung gelang mir nur schwer und ich wünschte mir professionelle Unterstützung.
Da wir eine längere Anfahrt hatten, vereinbarten wir 19 Uhr als Treffpunkt im Geburtshaus. Die Autofahrt ging erstaunlich gut, obwohl jedes Huckeln sehr unangenehm war und es mir schwerer machte, die Wellen zu veratmen. Mein Mann fuhr sehr behutsam und so war es schön, dass ich mich in den Wellenpausen mit dem Blick aus dem Fenster etwas ablenken konnte. Außerdem gab mir der Gedanke, gleich im Geburtshaus zu sein und mehr Unterstützung zu haben, neue Kraft. Es gab mir das Gefühl, vorwärts zu kommen und es bald geschafft zu haben.
Im Geburtshaus angekommen, wurden wir von Miriam und Mira in Empfang genommen. Sie führten uns stolz durch die Räumlichkeiten Richtung Gebärzimmer. Zwischendurch musste ich immer wieder Halt machen, um mich irgendwo festhalten und die Wellen zu verarbeiten. Unterwegs zu den Zimmern trafen wir auch Isabell, die unseren Geburtsprozess fotografisch festhalten würde.
Da wir alleine im Geburtshaus waren, hatten wir, oder vielmehr ich, die Wahl in welchen Raum wir gerne würden. Mir war davor bereits klar, dass ich gerne den mit der großen Geburtswanne nehmen möchte, da ich mir eine Wassergeburt gut vorstellen konnte. Im Raum angekommen, setzte ich mich jedoch zuerst einmal auf das Bett und bat um irgendetwas Erhöhtes, auf das ich mich lehnen konnte. In diesem Moment war mir gar nicht danach in die Wanne zu gehen. Ich saß auf dem Bett und sie brachten einen verstellbaren Gebärhocker auf den ich mich vornübergebeugt lehnen konnte. So saß ich da, Jason an meiner Seite, meinen Kamm in meiner Hand und die Hebammen um mich herum und veratmete die Wellen. Nebenher wurde etwas gesprochen, doch dies fiel mir bereits schwer. Ich konnte auch gar nicht genau sagen, was oder ob ich etwas brauchte, für den Augenblick schien es genauso auszureichen und wir konnten uns alle gemeinsam in den neuen Abschnitt des Geburtsprozesses einfinden. Als das intensive Ziehen in meinen Flanken bei den Wellen weiter zunahmen, schlug Mira vor, dass sie oder Jason mir etwas den unteren Rücken massieren könnten um mir etwas bei den Wellen zu helfen. Die Idee fand ich super und Jason begann auch sogleich damit ihn zu massieren, was beim Verarbeiten der Wellen etwas half. Nach einer Weile wollte ich dann in die Wanne steigen. Die Wellen waren immer intensiver und es fiel mir schwer, tief in den Bauch zu atmen und mich zwischen den Wellen zu entspannen. Ich hoffte, dass mir das das warme Wasser helfen würde mich wieder mehr zu entspannen.
Mir wurde das T-Shirt, welches ich extra dafür eingepackt hatte, gereicht und sie halfen mir dabei mich auszuziehen. Es war schön zu erleben, wie gut alles klappte. Wie sich um mich gekümmert wurde und gleichzeitig die Vorbereitungen für die Wanne getroffen wurde. Immer wieder kamen gute Ideen von den Hebammen, Dinge, die Jason und ich zwar vorbereitet und vorbesprochen hatte, aber von denen keiner von uns in der Situation dachte. So zum Beispiel auch die Idee, ob wir Musik oder ähnliches anmachen wollten. Gesagt, getan. Für diesen Fall hatte ich extra eine Playlist erstellt, die Jason sogleich raussuchte und abspielte.
Als ich in der Wanne war, spürte ich Erleichterung. Das Wasser und die Stimmung, die durch die Beleuchtung der Wanne erzeugt wurde, taten gut und halfen mir, mich etwas zu entspannen. Ich konnte mich frei bewegen und verschiedene Positionen ausprobieren, was mir nach und nach dabei half, mich mehr und mehr in den Prozess fallen zu lassen.
Soweit ich weiß fing ich hier auch erstmalig an zu tönen, was auch mit steigender Intensität der Wellen lauter wurde. Ich spürte wie ich mich umso mehr gehen lassen konnte, umso mehr wir uns alle als Team eingespielt hatten. Die Wellen waren intensiv, durch die Dehnung hatte ich immer wieder das Gefühl meine Flanken würden reißen. Irgendwann im Prozess fing Mira an mir bei jeder Welle den Rücken zu streichen und zu massieren, was mir half dieses reißende Gefühl besser annehmen zu können.
Miriam legte meist ihre Hand an meinen Bauch, damit ich die tiefe Bauchatmung besser durchführen konnte und sprach mir ermutigende und hilfreiche Worte zu, Jason hielt stets meine Hand oder strich mir über das Haar und gab mir mit jeder Berührung neue Kraft und ich drückte mit der anderen Hand nach wie vor bei jeder Welle meinen Kamm und konzentrierte mich auf meine Atmung.
So ging es ungefähr den ganzen restlichen Geburtsprozess.
Ich hatte mein Team um mich, dass mir dabei half diesen kleinen Menschen auf die Welt zu bringen und die mir Kraft und Mut spendeten. Mein Kopf und mein Blick waren die meiste Zeit über gesenkt und knapp über der Wasseroberfläche.
Ich war sehr in mich gekehrt und bekam wenig von dem mit, wer wie wo was um mich herum tat. Isabell nahm ich während der Geburt kein einziges Mal war, obwohl sie wohl fleißig Fotos machte. Lediglich die direkten Fragen oder ermutigenden Worte drangen zu mir durch. Ich war einige Male gedanklich an dem Punkt, dass ich nicht wusste, wie ich das weiter aushalten sollte, aber bei Aussprache dieser Worte kam mentale Unterstützung und Kraft von außen.
Irgendwann nahm ich auch einmal wahr wie ich mehr und mehr glaubte dies nicht ohne Schmerzmittel überstehen zu können, in diesem Moment erinnerte ich mich gelesen zu haben, dass viele Frauen während der Geburt an einen Punkt der Frustration kommen und dies oftmals den Prozess verlangsamt und erschwert. Bei dieser Erkenntnis versuchte ich, gezielt dagegen zu steuern und wieder in das positive Mindset zu kommen, mit dem ich angekommen war und das mir von meinem Umfeld weiterhin entgegengebracht wurde. Dennoch fragte ich irgendwann nach Schmerzmitteln, merkte dann, dass dies aber der falsche Ort dafür war und fragte was sie noch tun konnten, um mir zu helfen. Ich bekam ein Zäpfchen, das etwas Linderung verschaffen sollte und Miriam schlug vor, nach dem Muttermund zu tasten, um mir durch eine gute Nachricht neue Kraft zu geben. Kurz bevor sie tastete, hatte ich bereits das Gefühl dass mein Körper auf die letzte Welle anders reagiert hatte, konnte es allerdings nicht zuordnen. Als sie mir dann liebevoll ins Ohr flüsterte, dass der Muttermund bereits ganz geöffnet wäre und ich pressen könnte, verstand ich, dass dieses andere Gefühl der Pressdrang war, den ich verspürte. Ich ließ mich bei der nächsten Welle komplett darauf ein und mit einem lauten „Ahh“ und meiner Konzentration auf mein inneres gerichtet drückte ich unseren kleinen Sohn Stück für Stück nach unten. Ich konnte spüren wie er sich auf den Weg machte. Diese Phase des Geburtsprozesses war mir um einiges lieber. Die Wellen fühlten sich nun anders an und obwohl sie nach wie vor sehr intensiv waren, nahm ich das Pressen angenehmer wahr als die Dehnung davor. Für mich fühlte es sich an, als hätte der kleine Mann diese Reise recht schnell hinter sich gebracht. Während er und ich gemeinsam dafür sorgten, dass er Stück für Stück Richtung Ausgang glitt, nahm ich das Trommeln des Regens auf dem Dachfenster über der Wanne wahr und hörte, wie sich die anderen genauso sehr über diese wundervolle Stimmung freuten, welche sich mit diesem Geräusch im gedämmten Licht, der beleuchtenden Wanne ausbreitete. Ich konnte spüren, wie unser Sohn nun am Ausgang angekommen war und ich spürte, dass ich wohl reißen werde, wenn ich ihn hinauspresse. Da ich daran nichts ändern konnte, entschied ich diese Tatsache als gegeben anzunehmen und presste mit voller Kraft, als ich auf einmal ein erleichterndes Gefühl verspürte als sein Köpfchen draußen war. Noch einige kleine Presser hinterher und in einer fließenden Bewegung glitt er aus mir hinaus in das Wasser, wo ihn Miriams Arme entgegen nahmen und mit ihm an die Wasseroberfläche glitten.
So kam unser Sohn Marlon um 22:18 Uhr, also nach ca. 8 h, bei trommelndem Regen, gedämmten Licht und mit Glückshaube auf die Welt.
Es war ein unglaubliches Gefühl und einfach wunderschön als ich ihn, noch im Wasser sitzend, in den Armen hielt und mich seine kleinen Augen direkt anblickten und ich die Umarmung meines Mannes spürte. – Geschafft!
Nachdem wir diese Dreisamkeit einige Minuten in der Wasser genossen, wurde mir aus der Wanne geholfen und wir legten uns als Familie ins Bett.
Sie gaben uns in Ruhe Zeit uns als Familie zu kennen zu lernen und unseren kleinen Sohn zu bewundern sowie seine Nähe zu genießen.
Nach einiger Zeit spürte ich jedoch wieder jenes unangenehme Ziehen an meinen Flanken, welches sich verdächtig nach Wellen anfühlte.
Jason holte Miriam und Mira zurück und so wie es aussah, wollte sich die Plazenta auf den Weg machen. Jason durchtrennte also die Nabelschnur, sodass ich die Plazenta in ruhe gebären konnte. Diese hatte sich jedoch etwas verhakt. Durch einige Stellungen, die mir Miriam zeigte, konnte dies jedoch schnell aufgelöst werden und auch die Nachgeburt verließ nun meinen Körper. Eine Woge der Erleichterung und Entspannung durchzog mich und ich fühlte wie mein Körper runterfuhr und entspannte, da der Geburtsprozess nun endgültig abgeschlossen war.
Nach einiger Zeit wurde dann meine Geburtsverletzung begutachtet. Zuerst wollten die Hebammen es im Geburtshaus versorgen, leider war es eine größerer Dammriss, weshalb dies im Krankenhaus genäht werden musste. Auch wenn sie es sehr bedauerten mich ins Krankenhaus zu schicken, fand ich es gut, dass sie so eine fachliche Einschätzung getroffen haben und mich dann lieber an eine andere Stelle mit einem anderen Setting verwiesen haben. Außerdem wurde der Ortwechsel super organisiert. Sie riefen einen Krankentransport, damit ich nicht sitzend dorthin fahren musste, informierten die Klinik, sodass ich direkt dran kam und diese Bescheid wussten und halfen Jason dabei unsere Sachen zu packen, der mit unserem kleinen Sohn in die Klinik nachkam.
Rückblickend bleibt zu sagen, dass die Geburt definitiv ein Erlebnis war, welches mich an Belastungsgrenzen gebracht hat. Jedoch war ich von wunderbaren Menschen umgegeben, welche mir, jeder mit seiner eigenen Rolle, eine unglaubliche Hilfe und Stütze waren, um die Geburt als etwas wunderschönes und einzigartiges zu erleben. Der ganze Tag war einfach magisch.
An meinem Geburtstag, als erste Geburt im Geburtshaus, in einem heimelig beleuchteten Raum, mit einer schön beleuchtenden Wanne, mit trommelndem Regen auf dem Dachfenster und einer Glückshaube auf dem Köpfchen, erblickte unser Sohn Marlon kerngesund und wunderschön das Licht der Welt.
Hier findet Ihr die Slideshow von Marlons Geburt zum Anschauen:
Wünscht auch Ihr Euch die fotografische Begleitung Eurer Geburt?
Meldet Euch gerne, um mehr zu erfahren. Ihr erreicht mich telefonisch unter +49 175 1972681 oder per E-Mail an info@isabellsteinert.com
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